Das Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalens spielte in Deutschlands Geschichte schon immer eine wichtige Rolle – schon lange, bevor es überhaupt eine geeinte deutsche Nation gab. Infolgedessen existieren in der reichhaltigen Geschichte zahllose Begebenheiten, die unter die Kategorie der hochinteressanten „Fun Facts“ fallen. Acht besonders spannende dieser Fakten haben wir für diesen Text zusammengetragen – und darauf geachtet, dass sie selbst so manchen Ureinwohner des Bundeslands noch überraschen können.
1. Hier liegt der jüngste Teil der alten Bundesrepublik
Die Bundesrepublik wurde am 24. Mai 1949 gegründet. Am 1. Januar kam das Saarland hinzu. War die Bundesrepublik damit aus geographischer Sicht komplett, bis am 3. Oktober die DDR im Zuge der Wende hinzukam? Mitnichten. Tatsächlich findet sich der „jüngste“ Teil (West-)Deutschlands in Nordrhein-Westfalen.
Es ist der Selfkant. Er stand seit Kriegsende unter niederländischer Verwaltung, gehörte staatsrechtlich sogar dazu. Erst nach langwierigen Verhandlungen einigten sich die Bundesrepublik und die Niederlande auf eine Rückgabe. Diese erfolgte am 1. August 1963, womit der Selfkant das jüngste Stück (alter) Bundesrepublik und NRW ist. Tatsächlich kam es bei der Rückgabe noch zu einigen frechen Tricksereien, um zollfreie Waren einführen zu können – worüber die älteren Selfkant-Bewohner heute noch schmunzeln.
2. In NRW wurde die zweitälteste Spielbank Deutschlands gegründet
Casinos, respektive Spielbanken, sind im heutigen NRW nichts Besonderes. Insgesamt vier Stück gibt es hier. Ebenfalls auf diese Liste gehören die aus Nordrhein-Westfalen legal benutzbaren Online-Casinos – das sind sogar so viele, dass es eigene Communities gibt, die sich primär um dieses Angebot und die Diskussion darüber drehen. Außerdem kommen noch aberhunderte Spielotheken hinzu. Unterm Strich: Glücksspiel gibt’s in NRW reichlich.
Doch wann fing das an? Nun, Geschichtsinteressierte wissen vielleicht, wo und wann die älteste Spielbank Deutschlands gegründet wurde – 1720 in Bad Ems, heute Rheinland-Pfalz. NRW darf jedoch für sich in Anspruch nehmen, die zweitälteste Spielbank Deutschlands zu haben.
1764 vergab die Stadt Aachen eine Lizenz an die Café-Betreiberin Margarete Reumont für die Eröffnung eines solchen Etablissements. Über zahlreiche Nachfolger operierte das Casino bis zu seiner Zwangsschließung 1872, denn nach der Reichsgründung 1871 wurde Glücksspiel in ganz Deutschland verboten. Allerdings geht das heutige Casino Aachen (eröffnet 1976) in direkter Linie auf diesen Vorgänger zurück – wodurch NRW mit Fug und Recht die (zweit-)älteste Casino-Geschichte Deutschlands vorweisen kann.
3. James Bond ist ein Ruhrpott-Urgestein
Spontan dürften sich wohl nur weniger Leser eine Person vorstellen können, die „more british“ ist als der wohl berühmteste Geheimagent der Geschichte – mit Ausnahme vielleicht der Royals unter dem kürzlich gekrönten König Charles. Wenn man es jedoch wirklich genau nimmt, dann ist 007 ein ebensolches Ruhrpott-Urgestein wie Diether Krebs, Ralf Richter oder Jens Lehmann.
Wie das? Ganz einfach: Gemäß der autorisierten Biographie über die literarische Figur des James Bond wurde der spätere Geheimagent 1920 geboren – nirgendwo sonst als in Wattenscheid. Konkret kam er als Kind eines schottischen Vaters und einer schweizerischen Mutter zur Welt; Andrew Bond und Monique Bond, respektive Delacroix. Tatsächlich geht die Biographie sogar noch weiter und erläutert, warum der Mann mit der Vorliebe für geschüttelte Wodka-Martinis nicht in „Merry Old England“ das Licht der Welt erblicken konnte: Aufgrund eines Eisenbahn-Streiks kam seine hochschwangere Mama nicht rechtzeitig zurück auf die britische Insel.
4. NRW: Theoretisch und praktisch als Space-Shuttle-Landebahn gedacht
Das US-amerikanische Space Shuttle gehört zu den erfolgreichsten Raumfahrtprogrammen der Geschichte – mit insgesamt 135 Missionen bei zwei tragischen Verlusten. Sämtliche der 133 erfolgreichen Flüge endeten in den USA:
- Kennedy Space Center in Florida (78 Landungen)
- Edwards Air Force Base in Kalifornien (54 Landungen)
- White Sands Test Facility in New Mexico (1 Landung)
Allerdings musste die Nasa für sämtliche Notfälle und Eventualitäten vorplanen. Darunter solche, bei denen das Raumschiff aus irgendeinem Grund die Erdumrundung abbrechen musste, bevor es auf eine Flugbahn in Richtung der primären Landeplätze geraten konnte. Aus diesem Grund definierte die Raumfahrtbehörde ein beinahe weltumspannendes Netz von Ausweichflugplätzen, auf denen das Shuttle die im Extremfall drei Kilometer Lande- und Ausrollfläche vorfinden konnte.
Der einzige deutsche Airport, der offiziell in dieser Liste stand, war Köln/Bonn. Tatsächlich wurde der Flughafen in dieser Rolle sogar einmal ganz offiziell genutzt: 1983 landete ein „Huckepack-Gespann“ bestehend aus dem ersten gebauten Shuttle Enterprise und einer speziellen Boeing 747 hier – und sorgte verständlicherweise für einen riesigen Besucheransturm.
5. Einfach bärig lecker
Glaubt man dem Werbespruch, machen sie Kinder und Erwachsene gleichermaßen froh. Wer sich jedoch schon einmal gefragt hat, ob der dahinterstehende Firmenname ein Fantasiegebilde sei, der wird nun eines Besseren belehrt: Hans Riegel, Bonn war derjenige, der 1922 – inspiriert von Tanzbären – aus Gelatine, Wasser und Zucker kleine Bärchen formte. Wodurch die goldige Nascherei ähnlich nordrhein-westfälisch ist wie beispielsweise Aachener Reisfladen.
6. Deutschlands Nummer Eins in Sachen Arbeit
Zu den typischen „Schulwissen-Fakten“ über Nordrhein-Westfalen gehört die Tatsache, gleichzeitig das bevölkerungsreichste und am dichtesten besiedelte Flächenland der Bundesrepublik zu sein (dichter besiedelt sind nur die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin).
Was jedoch das Thema Arbeit anbelangt, wird NRW häufig nur in einer eher negativen Weise genannt – als dasjenige Bundesland mit den mit Abstand meisten Arbeitslosen. Stimmt natürlich, hier gibt es derzeit (Frühjahr 2023) etwa 707.000 Arbeitslose, beim Zweitplatzierten, Bayern, sind es dagegen nur 251.000.
Diese Tatsache sollte jedoch nicht über einen deutlich erfreulicheren diesbezüglichen Fakt hinwegtäuschen: In keinem anderen Bundesland, und ebenfalls mit weitem Abstand, gibt es so viele Erwerbstätige. 9,72 Millionen Menschen waren es im Jahr 2022. Im zweitplatzierten Land, Baden-Württemberg, waren es dagegen nur 6,38 Millionen.
Wer mag, kann ja einmal ausrechen, wie sich das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Arbeitslosen verhält. Das Ergebnis lässt NRW definitiv in einem besseren Licht dastehen.
7. Das „wildeste“ Land der Bundesrepublik
Was zoologische Gärten anbelangt, also Zoos, Tierparks und ähnliche Einrichtungen, belegt Deutschland generell einen globalen Spitzenrang. Bricht man es jedoch auf die einzelnen Bundesländer herunter, dann steht Nordrhein-Westfalen ganz oben. Über 70 zoologische Gärten gibt oder gab es bei uns. Und der Kölner Zoo liegt sogar auf Platz drei im Deutschland-Ranking, was die Anzahl der zu bestaunenden Tiere anbelangt.
8. Kraftstoff für beinahe ein Jahrhundert
NRW und das Auto. Das ist eine Geschichte, die definitiv ihren eigenen Artikel wert ist. Nicht nur, weil es in unserem Bundesland die meisten registrierten Fahrzeuge gibt (2023 sind es allein 10,47 Millionen PKW), sondern weil es kaum ein anderes Land gibt, in dem die Liebe zu diesem heute so kritisch betrachteten Kulturgut so ausgeprägt ist.
Betrachten wir an dieser Stelle jedoch lieber einmal denjenigen Wirtschaftsteil, ohne den zumindest kein einziger Verbrennungsmotor fahren könnte, die Tankstelle. Eingefleischte wissen vielleicht, dass die Beschaffung von Benzin und anderen Kraftstoffen über viele Jahre hinweg reichlich unsicher war, denn die einzigen üblichen Quellen waren Apotheken und ähnliche Geschäfte.
Die Ehre der (welt-)ersten Tankstelle gebührt deshalb dem heutigen Baden-Württemberg und der dortigen Stadt Wiesloch. Und denkt man an die erste „richtige“ Tankstelle nach modernem Verständnis, also mit Zapfsäulen, dann dürfen sich die USA mit diesem Titel schmücken.
Dennoch gebührt ein bisschen Ruhm Nordrhein-Westfalen: Die ersten „richtigen“ Tankstellen Deutschlands wurden unter anderem in Köln kurz nach dem Ersten Weltkrieg errichtet und betrieben. Zudem geht ein ewiger Rekord nach NRW: Im Essener Stadtteil Holsterhausen operierte die nach derzeitiger Erkenntnis am längsten durchgängig betriebene und somit älteste noch erhaltene Tankstelle Deutschlands.
Die Tankstelle Caspar wurde 1924 eröffnet und war buchstäblich die ganzen Jahre über in Familienbesitz. Der letzte Betreiber, Manfred Milz, hatte hier in den 1960ern seine Ausbildung zum Tankwart gemacht und wurde später von der Familie Caspar adoptiert. 2019 wurde die Tankstelle zum ersten Mal in ihrer Geschichte dauerhaft geschlossen. Sie hatte aufgrund ihrer schwer zugänglichen Lage in einem Hinterhof schon länger einen schwierigen Stand gehabt – unter anderem konnten normale Kraftstoff-LKW sie gar nicht erreichen.