Die Zukunft des Friseurhandwerks in NRW: Diese 4 Herausforderungen gibt es!

Das Friseurhandwerk bereitet den Ausbildern in NRW derzeit große Sorgen. Die Anzahl an Bewerbern um einen Ausbildungsplatz nimmt pro Jahr ab und die Zukunft des Haarprofis gerät allmählich ins Wanken. Kunden fühlen sich davon ebenso betroffen. Die Qualität der Arbeit sinkt und das Angebot der Friseurstudios ist gerade im ländlichen Raum von NRW nicht mehr zeitgemäß. Viele Friseure stehen vor dem Aus. Warum ist das eigentlich so?

Einer der Gründe ist die Selber-Machen-Mentalität der Menschen. Gerade im Bereich der Haarverlängerung greifen Kunden oft nicht mehr auf Profis zurück. Über das Internet legen sie sich ihre Haarverlängerung mit Garantie zu und bringen die Extensions einfach selbst an. Tolle Videoanleitungen sorgen dafür, dass die Extensions richtig sitzen und das Resultat aussieht wie vom Friseur.

Auch andere Gründe sprechen für die Haarpflege in Eigenregie. Wer einen Angehörigen oder Freunde mit Affinität zu stylischen Haarschnitten hat, sieht keinen Sinn im Friseurbesuch. Allerdings haben Salons nicht nur mit einem Kundenrückgang zu kämpfen. Auch die Schulabgänger entscheiden sich in NRW eher für andere Berufe. Welche Hintergründe zu diesen Herausforderungen führen, erfahren Interessierte im Folgenden.

Die Gehälter nach einer Friseurausbildung

Das Ausbildungsgehalt liegt je nach Ausbildung zwischen 500 und 1.300 EUR. In Anbetracht der aktuellen Inflation und der ohnehin hohen Lebenshaltungskosten deckt dieser Betrag den Alltag nicht. Was noch schlimmer ist: In vielen Berufen erhalten Ausgelernte auch nach der Lehre wenig Geld. Dazu gehören neben Verkäufern, Einzelhandelskaufleuten und Pflegehelfern auch Friseure. Ihr Ausbildungsgehalt liegt im Maximum bei etwa 800 EUR im 3. Lehrjahr.

Nach der Ausbildung sieht es etwas besser aus. Dennoch zeigt die Statistik über Friseure in Deutschland, wie stark der Rückgang arbeitender Friseure in Deutschland ist. Die Statistik bildet die Jahre 2012 bis 2021 ab, wobei die derzeitige Lage weiterhin zum Rückgang Beschäftigter in diesem Sektor beitragen dürfte. Aktuell müssen Friseure in NRW mit 12 EUR (brutto) pro Stunde rechnen. Das steht in keiner Relation zur dauerhaften Preissteigerung.

Die geringe Ausbildungsvergütung gepaart mit den niedrigen Gehältern von Ausgelernten motiviert junge Menschen nicht zur Entscheidung für eine Friseurausbildung. Sie gehen bevorzugt zur kosmetischen Ausbildung über. Diese verspricht mehr Möglichkeiten und je nach Können ist hier mehr Geld drin. Zwar gibt es immer wieder Anpassungen innerhalb der Tarifverträge für Friseure, doch die Entwicklungen hinken der jetzigen Zeit hinterher.

Keine Anpassung der Dienstleistungsbranche

Die lokale Dienstleistungsbranche sieht sich der digitalen Welt unterlegen. Von allen Branchen hat nur das Handwerk die Nase vorn. Schließlich lassen sich Mauern nicht über das Internet bauen und Haare sind ebenso nicht digital zu schneiden. Trotzdem profitieren einzelne Branchen nicht von diesen Vorteilen. Grund: Ihnen fehlt die dynamische Bereitschaft zur Anpassung an veränderte Kundenbedürfnisse.

Zu einem dieser Bedürfnisse gehören längere Öffnungszeiten und Verfügbarkeit an Feiertagen. Kunden der heutigen Zeit wollen immer ihre Haare schneiden lassen können. Moderne Studios greifen das Problem auf und dehnen ihre Öffnungszeiten deutlich aus. Im ländlichen Raum geht das jedoch nicht so leicht. Schließlich sind in kleineren Salons meist nur wenige Friseure beschäftigt.

Den Laden dauerhaft laufen zu lassen und mehr Personal einzustellen, ist unwirtschaftlich. Derartige Anbieter müssen sich zwingend um Werbung bemühen. Nur so locken sie mehr Kunden an. Dann rentiert sich auch die Beschäftigung weiterer Friseure, das Geld strömt in die Kasse.

Die Zahlungsfähigkeit der Kunden

Friseurbesuche sind recht kostspielig. Männer greifen weniger tief in die Tasche. Frauen hingegen geben schon mal 80 EUR oder mehr für einen Friseurtermin aus. Allerdings gibt es noch immer eine Gender-Gap, wenn es um Löhne und Gehälter geht. Frauen verdienen deutlich weniger als Männer. Sie haben im Umkehrschluss weniger Geld für Friseurbesuche zur Verfügung. Die wichtigste Kundengruppe bleibt seit der Inflation fern.

Männer suchen ebenso nach Alternativen. Sie zaubern sich die modernsten Haarschnitte 2023 einfach mit einem Haartrimmer. Er ist leicht zu bedienen und sogar die Einstellung der Haarlänge geht einfach. Das spart zwischen 15 und 30 EUR pro Monat. Der Unterschied ist marginal. Wer natürlich eine Spezialfrisur will, besucht den Friseur weiterhin. Doch auch Männer wägen ab, da sie ebenso von der Inflation betroffen sind.

Kunden geben derzeit grundsätzlich weniger Geld aus. Innerhalb der Inflation halten sie ihr Geld zusammen. Ständige Preissteigerungen wirken beunruhigend und kurbeln die Sparmentalität an. Schicke Haarschnitte, kostspielige Sneakers und Trend-Kleidung müssen da erst einmal warten. Friseursalons bleiben geschlossen oder haben nicht genug Kunden.

Anmietung eines Salons – Kosten und Nutzen?

Der Friseursalon ist das Herzstück der täglichen Arbeit von Friseuren. Ohne ihn ist das Handwerk gegenstandslos. Die Miete des Salons betrifft zwar nur Selbstständige, doch ihre Höhe wirkt sich auf die Angestellten aus. Eine teure Miete geht mit der Wahl eines kleinen Teams einher. Eine geringe Miete ist gleichbedeutend mit einer geringen Kundenanzahl. Friseure müssen Kompromisse eingehen, wenn sie in ihrem Beruf überleben wollen.

Der Salon ist nicht die einzige Anschaffung. Friseure benötigen ebenso das nötige Equipment. Weiterhin möchten Nicht-Franchise-Nehmer eine eigene Note einbringen. Sie heben sich durch Farben und ein komplett eigenes Design von der Konkurrenz ab. Das verursacht hohe Kosten. Friseure sind fast immer dazu gezwungen, einen Kredit aufzunehmen. Viele können diesen niemals vollständig zurückzahlen.

Ein Businessplan ist daher von Anfang an notwendig. Hierbei ist es unerlässlich, Daten und Fakten zum Standort zu kennen. Dazu gehören:

  • Die Lage des zukünftigen Salons
  • Die Infrastruktur für eine optimale Erreichbarkeit und Reichweite
  • Einbeziehung etwaiger Fördermittel
  • Der Arbeitsmarkt im regionalen und nationalen Bereich
  • Kosten wie Steuern und andere Abgaben
  • Monatliche Ausgaben für Mieten
  • Transportkosten

Friseure benötigen weiterhin unbedingt einen kaufmännischen Lehrgang zur Existenzgründung. In diesem lernen sie alles, was sie zu einer erfolgreichen Unternehmensgründung führt. Ohne betriebswirtschaftliche Kenntnisse kann sich kein Betrieb langfristig halten.

Übrigens: Wer kein Geld für die Eröffnung eines Salons in Großstädten wie Köln oder Düsseldorf hat, sollte über einen mobilen Salon nachdenken. In der heutigen Zeit sind viele ältere Menschen körperlich nicht mehr imstande, den Friseur aufzusuchen. Sie sind auf den Besuch des Friseurs in ihrer Wohnung dauerhaft angewiesen.